Kältemittelentwicklung und Gesetzeslage
Stratosphärischer Ozonabbau sowie atmosphärischer Treibhauseffekt durch Kältemittel-Emissionen führten seit Anfang der 90er-Jahre zu einschneidenden Veränderungen in der Kälte- und Klimatechnik.
Dies gilt besonders für den Bereich der gewerblichen Kälte- und Klimaanlagen mit ihrem weit reichenden Anwendungsspektrum. Für solche Systeme wurden früher vorrangig die zum Ozonabbau beitragenden Kältemittel R12, R22 und R502 eingesetzt – für Sonderanwendungen auch R114, R12B1, R13B1, R13 und R503.
Die Verwendung dieser Stoffe ist in Industrieländern nicht mehr erlaubt, für R22 gab es jedoch verlängerte Übergangsfristen. Allerdings galt in der Europäischen Union auch für R22 ein vorgezogener Ausstieg, der in mehreren Stufen umgesetzt wurde (R22 als Übergangskältemittel). Der wesentliche Grund für dieses gegenüber internationalen Vereinbarungen sehr frühe Verbot von R22 ist das, wenn auch nur geringe, Ozonabbaupotenzial. Seit 2010 sind auch in weiteren Ländern Verbotsverordnungen in Kraft, z.B. in den USA.
Daraus ergeben sich erhebliche Auswirkungen auf die gesamte Kälte- und Klimabranche. BITZER ist deshalb die Selbstverpflichtung eingegangen, bei Forschung und Entwicklung alternativer, umweltfreundlicher Systemlösungen eine Vorreiterrolle zu übernehmen.
Nachdem sich die chlorfreien (ODP = 0) HFKW-Kältemittel R134a, R404A, R407C, R507A und R410A schon seit Jahren in breitem Umfang in gewerblichen Kälte-, Klima- und Wärmepumpensystemen durchgesetzt haben, stehen inzwischen neue Herausforderungen an. Diese betreffen in erster Linie die Treibhausproblematik. Ziel ist dabei eine deutliche Reduzierung von direkten Emissionen durch Kältemittelverluste und von indirekten Emissionen durch besonders effiziente Anlagentechnik.
Hierzu gibt es bereits entsprechende Gesetzesvorgaben, wie z.B. die EU F-Gase Verordnung Nr. 517/2014 (BITZER Informationsschrift A-510) sowie eine Reihe bereits ratifizierter oder in Vorbereitung befindlicher Verordnungen im Rahmen der EU Ökodesign Richtlinie (BITZER Informationsschrift A-530). Ähnliche Vorgaben sind auch in Australien, Kanada und USA in Vorbereitung oder schon umgesetzt. Auf internationaler Ebene wurde im Rahmen des Montreal Protocol 2016 das sog. „Kigali Amendment“ verabschiedet, in dem beginnend ab 2019 eine gestufte Mengenreduzierung von HFKWs („HFC Phase-down“) vereinbart ist.
Obwohl die indirekten Emissionen durch Energieerzeugung ungleich höher sind als die direkten (CO2-äquivalenten) Emissionen durch HFKW-Kältemittel, wird es künftig zu Verwendungsbeschränkungen bzw. Verboten von Kältemitteln mit hohem Treibhauspotenzial (GWP) kommen. Dies betrifft in erster Linie R404A und R507A, für die bereits Alternativen mit geringerem GWP angeboten werden. Um die gesetzten Ziele zu erreichen, ist jedoch die Entwicklung von Substituten für weitere Kältemittel sowie ein vermehrter Einsatz natürlich vorkommender Stoffe (NH3, CO2, Kohlenwasserstoffe) erforderlich.
Hierfür ist es notwendig, diese Kältemittel sowie geeignete Öle und entsprechend angepasste Systeme umfassend zu erproben. Dazu besteht eine enge Zusammenarbeit mit wissenschaftlichen Instituten, der Kältemittel- und Ölindustrie, weiteren Komponentenherstellern, Fachverbänden sowie innovativen Kälte- und Klimafachbetrieben.
Eine große Anzahl von Entwicklungsaufgaben konnte abgeschlossen werden; für Alternativ-Kältemittel stehen geeignete Verdichter zur Verfügung.
Neben den Entwicklungsprojekten unterstützt BITZER aktiv gesetzliche Vorhaben und Selbstverpflichtungen zum verantwortlichen Umgang mit Kältemitteln sowie zur Effizienzsteigerung von Komponenten und Systemen.
Der folgende Bericht befasst sich mit den potenziellen Möglichkeiten eines kurz- bis mittelfristigen Wechsels zu Technologien mit reduzierter Umweltbelastung in mittleren und größeren gewerblichen sowie industriellen Kälte-, Klima- und Wärmepumpenanlagen. Es wird zudem über vorliegende Erfahrungen und die sich ergebenden Konsequenzen in der Anlagentechnik berichtet.
Verschiedene Studien belegen, dass die im Gewerbebereich üblichen Kompressions-Kälteanlagen bis zu einer Nutztemperatur von etwa -40°C allen anderen Verfahren in der Wirtschaftlichkeit überlegen sind.
Allerdings kommt dabei auch der Auswahl des Alternativ-Kältemittels und der Systemausführung eine besondere Bedeutung zu. Neben der Forderung nach Substanzen ohne Ozonabbaupotenzial (ODP = 0) wird insbesondere der Energiebedarf eines Systems durch seinen indirekten Beitrag zum Treibhauseffekt als wesentliches Kriterium angesehen. Hinzu kommt das direkte Treibhauspotenzial (GWP) durch Kältemittel-Emission.
Zur qualifizierten Beurteilung eines Systems wurde daher eine Berechnungsmethode entwickelt, mit der die gesamte Auswirkung auf den Treibhauseffekt bewertet werden kann.
Dazu dient der sog. „TEWI-Kennwert‟ (Total Equivalent Warming Impact). Inzwischen wurde noch eine weitergehende Bewertungsmethode unter dem Gesichtspunkt der „Öko-Effizienz‟ entwickelt. Hierbei werden sowohl ökologische (u.a. TEWI) als auch ökonomische Kriterien berücksichtigt (Öko-Effizienz).
So ist es möglich, dass die umweltrelevante Beurteilung von Kältemitteln – einschließlich der betreffenden Systeme – je nach Einsatzort und Antriebsart unterschiedlich ausfallen kann.
Bei näherer Betrachtung von Substituten für die ursprünglich eingesetzten FCKW- und HFCKW- sowie für HFKW-Kältemittel mit hohem GWP, sind die Möglichkeiten mit Einstoff-Kältemitteln stark eingeschränkt. Hierzu gehört z.B. R134a, dessen vergleichsweise geringes GWP den Einsatz noch für einige Zeit erlauben wird. Ebenso die Hydro-Fluor-Olefine (HFO) R1234yf und R1234ze(E) mit einem GWP < 10, die auch von der F-Gase Verordnung ausgenommen sind.
Direkte Alternativen (auf Basis fluorierter Kohlenwasserstoffe) für nahezu alle Kältemittel mit höherer volumetrischer Kälteleistung und Drucklage als R134a können hingegen (hauptsächlich) nur als Gemische (Blends) „formuliert‟ werden. Unter Berücksichtigung der thermodynamischen Eigenschaften, Brennbarkeit, Toxizität und Treib-hauspotenzial ist die Liste potenziell geeigneter Kandidaten jedoch stark eingeschränkt. Für Gemische mit reduziertem GWP gehören dazu neben R134a, R1234yf und R1234ze(E) in erster Linie noch die Kältemittel R32, R125 und R152a.
Neben halogenierten Kältemitteln kommen ebenfalls Ammoniak (NH3) und Kohlenwasserstoffe als Substitute in Betracht. Bei gewerblichen Anwendungen ist deren Verwendung jedoch durch strenge Sicherheitsauflagen eingeschränkt.
Kohlendioxid (CO2) gewinnt ebenso an Bedeutung als Alternativ-Kältemittel und Sekundärfluid. Auf Grund der spezifischen Eigenschaften sind aber auch hier einer allgemeinen Anwendung Grenzen gesetzt.
Die folgenden Abbildungen zeigen eine strukturelle Übersicht der Alternativ-Kältemittel sowie eine Aufstellung der momentan angebotenen Reinstoffe oder Gemische. Im Anschluss daran werden die einzelnen Themenbereiche behandelt.
Übersicht zu Kältemitteldaten, Anwendungsbereichen und Schmierstoffen: Kältemitteldaten.
Aus Gründen der Übersichtlichkeit wurden die weniger oder nur regional bekannten Produkte in diese Ausgabe nicht einbezogen, woraus allerdings keine Wertigkeit abzuleiten ist.